#1/2018 - Vom seltsamen Setting mal abgesehen - einer Gruppe von Helden sind Ihre Waffen abhanden gekommen und sie müssen sich diese nun in einem Kaufhaus (!) zusammen klauen (!!) - hörte sich bei Magic Maze alles ziemlich cool an: Alle spielen gleichzeitig, kooperativ gegen die Zeit und vor allem: Nicht alle Spieler können alle Bewegungen durchführen und daher ist ein gutes Auge und gutes Teamplay gefragt - denn es darf nicht geredet werden! Klasse dachte ich mir - um nach den ersten zwei Partien vor einer vollkommen zerstrittenen Familie zu sitzen, welche das Spiel "NIE NIE WIEDER" spielen wollten. Damit hätte sich hier eigentlich auch der Beitrag erledigt, aber zum Glück ist es dann doch anders gekommen!
Darum geht´s:
Eine ganz typische Fantasy-Heldegruppe, bestehend aus Zwerg, Barbar, einem Elf und einem Magier, wollen ins große Abenteuer ziehen. Blöd, wenn die Ausrüstung fehlt. Wo holt man sich neue Ausrüstung? Beim Gildenhändler um die Ecke oder der wöchentlichen Markt für Helden würde man denken. Weit gefehlt, hier nicht: es geht in ein modernes Einkaufszentrum bzw. ein Kaufhaus. Da der Planer wohl nebenher noch etwas anderes gemacht hat als er den besagten Einkaufstempel entworfen hat, sieht das eher wie ein Labyrinth aus. Daher dann auch der Titel, denn "Maze" bedeutet ja nichts geringeres als Labyrinth.
Halten wir dem Autor mal zu Gute, dass wir wahrscheinlich Sonntag haben und die Mission unserer Helden keinen Aufschub duldet (sicherlich ist mindestens ein Leben in Gefahr, wahrscheinlich sogar ein ganzes Dorf/Land/ein Kontinent!). So ist dann auch der Einbruch zu entschuldigen. Das besondere bei unserer Einbruchsmission: Jeder von uns Spielern kann die vier Spielfiguren nur bestimmte Kommandos geben. Und so müssen wir sehr koordiniert die Figuren ziehen, denn die Sanduhr läuft unerbitterlich gegen uns. Alles eigentlich noch easy - wenn man miteinander reden dürfte. Aber genau das geht nicht bzw. die meiste Zeit nicht! Und das macht den großen Spielreiz von Magic Maze aus.
Verpackung, Material & Aufbau:
Das Material ist überschaubar handlich und die Box daher auch eher von geringer Abmessung. Die Illustration ist aber sehr witzig, die Anleitung führt einfach in das Spiel ein. Mit einer Art Tutorial beginnen wir recht langsam und steigern uns von Szenario zu Szenario. Das macht Spaß und entspricht dem Trend, dass immer mehr Spiele dazu über gehen, dass die Regeln erst "nach und nach" hinzu kommen. Es gibt Bodenpläne vom Kaufhaus, von denen wir in jedem Szenarion 12 brauchen. Diese sind nett illustriert, allerdings auch mit einigen Symbolen bestückt, welche wir erst nach und nach kennen lernen. Mit den Symbolen sollte man sich vertraut machen, sonst irritiert es später im Spiel und führt zu Rückfragen.
Dann gibt es noch die vier Helden, leider nur dargestellt durch vier unterschiedlich farbige Holzpöppel. Hier hätten vier Figuren natürlich viel besser ausgesehen, aber immerhin was aus Holz. Dann gibt es noch die "Befehlsplättchen", auf denen abgebildet ist, welche Befehle der Spieler den Figuren geben kann. z.B. "gehe nach Norden" oder "benutzte die Rolltreppe" oder "gehe nach Westen". Je nach Anzahl der Spieler hat jeder Spieler mehrere Befehle die er erteilen kann. Die Sanduhr darf natürlich nicht fehlen und ein übergroßer roter Holzpöppel, der "Tu was" Pöppel. Dazu gleich mehr. Hält man sich an die Szenarien aus der Anleitung, ist der Aufbau dann auch sehr schnell erledigt.
So spiel es sich:
Unser Einbruch in das Kaufhaus besteht aus zwei Phasen: Zum einem müssen unsere vier Helden von ihren Startpositionen die jeweilige Rüstkammer finden, auf denen sie ihre Ausrüstung erhalten. Jede Figur muss also auf ein bestimmtes Zielfeld. Und diese muss man erst mal finden, denn die Bodenpläne werden verdeckt gezogen und erst nach und nach "erkundet". Sobald alle Vier auf ihre passenden Felder angekommen sind, beginnt Phase 2: Die Vier müssen nun zum Ausgang gelangen. Dürfen in Phase 1 noch Teleportationsfelder benutzt werden, sind diese dann ab Phase 2 deaktiviert.
Das ganze Spiel läuft gegen die Zeit bzw. hier die Sanduhr. Es gibt allerdings Felder auf den Plänen, welche uns das umdrehen der Sanduhr erlauben. Das ist aus zwei Gründen wichtig: Zum einem verlängern wir damit natürlich unsere Spielzeit gewaltig. Zum anderen dürfen wir dann - und zwar nur dann - miteinander reden wenn eine Sanduhr gedreht wurde. In der Zwischenzeit darf nicht gesprochen werden. Und sobald wir nach dem Dreh einer Sanduhr wieder eine Bewegung durchführen, ist auch wieder Schweigen angesagt. Das Spiel läuft also ungefähr wie folgt ab: jeder Spieler prüft und erklärt kurz, was er eigentlich machen kann. Also Linus darf z.B. die Figur "nach Norden bewegen" und "die Rolltreppe nutzen". Lara darf "nach Süden laufen" und "den Teleporter nutzen". So hat jeder seine Möglichkeiten.
Und dann geht es los. Linus zieht eine Figur nach Norden (er darf die Figur bis zu einem Hindernis ziehen) und lässt diese Figur dort stehen. Ziel ist es gerade am Anfang, anliegende Bodenpläne aufzudecken. Aber dazu müssen die passenden Figuren auf die passenden Felder und dann muss der Spieler, welcher den "Entdecken"-Befehl hat, einen neuen Plan anlegen. Ihr merkt schon, man muss zu jeder Zeit alle vier Figuren im Blick haben und vor allem überlegen, was sinnvolle Züge sind. Reagiert ein Spieler überhaupt nicht - z.B. weil eine Figur dringend nach rechts bewegt werden muss, der Spieler, welcher den Befehl erteilen könnte, dass aber nicht merkt - kann man ihn anstarren oder den roten Pöppel vor die Nase stellen. Das ist das Zeichen dafür, dass er nun mal dringend handeln müsste. So weit, so gut.
Wie in der Einleitung angesprochen führten die ersten Runden zu mehr Stress als Spaß. Da übersieht Linus einen Zug und Lara regt sich auf. Da will ich mit dem Krieger schon mal auf sein Feld, weil wir dieses entdeckt haben - aber meine Frau will mit ihm lieber noch mal erkunden gehen. Da aktiviert Lara das Umdrehen der Sanduhr - wobei da noch locker 20 Sekunden Rest-Sand drinnen waren. Es gibt eine Menge Situationen, in dem sich das Team nicht einig ist und wo es dann schnell zu Stimmungsabbrüchen kommen kann. Bei uns artete das in regelrechten Streit aus. Wir waren gezwungen, erst einmal ein paar Tage zu pausieren und dann einen Neustart zu machen. Mit einer ordentlichen Abstimmung am Anfang. Was ist uns wichtig? Wie reagieren wir, wenn wir ein Zielfeld entdecken? Wann ungefähr aktivieren wir das Drehen der Sanduhr. Mit klaren Absprachen konnten wir dann plötzlich die Runden sehr gezielt und mit Spaß gestalten. Damit gelang uns dann eine gute Phase 1 und danach auch die gemeinsame Flucht. Die weiteren Szenarien erweitern die Basisregeln dann um weitere Dinge, z.B. Überwachungskameras. Diese sind gut im Regelbuch erklärt. Durch die zufällig gezogenene Karten gestaltet sich das Kaufhaus auch jedes mal neu und dadurch bleibt jedes Spiel spannend. er Zug fährt fünf Runden lang und jede Runde ziehen wir eine Karte, auf der aufgeführt wird, wie viele Aktionen für Spieler durchführen können und ob es irgend welche Besonderheiten gibt.
Unser Fazit:
Ui, das wäre beinahe in die Hose gegangen. Das Spiel hat Frustgefahr, gerade mit Geschwisterkindern, welche sehr unterschiedlich motiviert an das Spiel heran gehen und welche auch vom Alter so weit auseinander liegen, dass sie das Spiel sehr unterschiedlich auffassen und angehen. Es hat uns aber als Familie auch dazu gezwungen, klare Absprachen zu tätigen und quasi "Verhaltensspielregeln" aufzustellen. Das war bisher bei Spielen nicht nötig. Damit allerings konnten wir bereits einige sehr spaßige, spannende und knappe Runden spielen. Und dabei wird dann auch viel gelacht! Es kommt in Kürze wohl auch eine Junior-Variante. Eventuell wäre die auch für den Einstieg und Linus mit seinem 6 Jahren besser gewesen. Aber nun, wo wir gemeinsam wissen wie wir die Runden spielen und gut abgestimmt sind, macht uns die normale Version viel Spaß und wir brauchen die Einstiegsvariante nicht (mehr).
Das meint Torsten: "Puh, das Spiel fordert uns schon etwas heraus. Da muss man aufpassen das der Familiefrieden nicht schief hängt. Was wir Erwachsene noch mit einem Lachen oder Schmunzeln an Fehlern überspielen, wird von Lara sehr ernst genommen. Da kommt der Ergeiz durch und wege, Linus bringt den Sieg in Gefahr. Aber wenn man abgestimmt ist - und die Stimmung dazu passt - dann ist Magic Maze ein großer Spaß!"
Das meint Alex: "Die Mechanik ist Klasse. Erinnert mich sehr an Escape. Der Sand rieselt und wir müssen sehr schnell koordiniert agieren. Das fällt selbst uns Erwachsenen nicht immer leicht, denn was sich einfach anhört ist dann durchaus herausfordernd. Gut, dass man sich 2-3x pro Runde kurz abstimmen kann. Das hilft dann auch mal, die Gemüter zu beruhigen."
Das meint Linus (6): "Ich finde das Spiel gut! Ich nehme mir jetzt immer die Karte mit der ich die Figuren nur nach oben schicken kann. Dann weiß ich genau, was zu tun ist."
Das meint Lara (11): "Tut mir ja auch leid wenn ich dann so mecker, aber manchmal sehen die anderen Spieler einfach ganz wichtige Züge nicht. Und dann kann ich anstarren und den roten Pöppel hinstellen wie ich will ... die sehen das einfach nicht. Am schlimmsten eigentlich wenn Papa mal wieder nicht kapiert, wo ich mit einer Figur hin will. Aber wenn wir es dann am Ende geschafft haben - dann hat es mir auch Spaß gemacht!"
Unser Familien-Rating (1-6, Schulnotensystem): 2-
Altersempfehlung: ab 8+ (6+ geht)
Spieler: 2-4
Preis: ca. 20€
Anleitung: Note 2 *Gut erklärt. Komplexe Regeln bzw. Zusatzfelder kommen erst nach und nach mit den Szenarien.
Aufbau: Note 2 *Geht schnell
Material: Note 2- *Bodenkarten sind etwas dünn, die Figuren leider nur Holzpöppel. Das wäre irgendwie noch schöner gegangen. Ist aber dafür alles robust.
Spielerlebnis: Note 2-4 * Also: Die ersten Partien als Probespiele festlegen, ruhig reden, miteinander ausmachen was wichtig ist. Erst immer alles erkunden oder sofort Zielfelder besetzen? Auch üben was die Befehle bedeuten bzw. welche Felder es gibt. Ist das alles geklärt - das Team also abgestimmt - dann klappts auch zwischen den Geschwistern ;)
Frustgefahr: Note 3 * Es ist ein Teamspiel. Gewinnt man zusammen ist es super, verliert man ist es eben nicht so toll. Hierbei machen unsere Kinder interessanter Weise bei Magic Maze sich durchaus verantwortlich - bei anderen Spielen ist es eher das Spiel oder wir hatten zusammen Pech oder so. Hier aber finden mehr persönliche Anfeindungen statt. Das ist schon spannend zu sehen. Wir spielen daher nur bei guter Stimmung!
Wiederspielwert: Note 1-2* Trotz der potentiellen Stressgefahr - ein schönes Spiel, schnell aufgebaut und dank frischer Mechanik wirklich richtig cool !
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