#6/2018 - Was war (oder ist) das ein Hype um dieses Spiel! Ratzfatz ausverkauft, alle lobten es in den höchsten Tönen - und ich war komplett verwundert ob des simplen Spielprinzips und dieser unendlichen Begeisterung. Nein, diesem Trend wiederstehe ich - so mein Plan. Weihnachten wurde ich fast noch mal schwach - aber Horror-Preise von bis zu 100€ für das Spiel haben mich dann doch komplett davon überzeugt das ich diesen "Irrsinn" nicht mitmache.
Kleine Fliesen (zugegebener Weise sehr schön anzusehen) müssen auf ein einfaches Spielbrett in ein einfaches Muster gebracht werden. Das soll alles sein? Auch der Autor sagte mir nichts (was an mir liegt, denn Michael Kiesling brachte schon eine ganze Menge Spiele raus, oft als Co-Autor von & mit Wolfgang Kramer). Und auch von dem Verlag (PlanB) hatte ich noch nie etwas gehört. Ein Hype, welcher an mir vorbei geht. Dachte ich! Selten lag ich so falsch. Denn nach der ersten eigenen Probepartie, welche wirklich lange hat auf sich warten lassen, wollte ich das Spiel unbedingt haben. Und spielen. Immer wieder! Und alle anderen wollen es auch immer wieder spielen! Um das Fazit vorweg zu nehmen: Es wird zu Recht als Spiel des Jahres gehandelt!
Darum geht´s:
Es gibt wirklich schöne Geschichten um das Spiel Azul. Was es verkörpert, was der Name bedeutet. Wie das damals mit den Fliesen und dem König und den Mauren und in Portugal so genau war. Das spare ich mir hier. Aber es lohnt sich zu lesen - ist nämlich durchaus spannend und ein wenig Hintergrundwissen schadet ja auch nie. Damit lässt sich auch jeder Spieleabend toll einleiten: "Leute, ihr seht ihr DAS Spiel des Jahres 2017/2018, es sieht großartig aus und eine spannende Geschichte bildet den Hintergrund, es war einmal...." ;)
Auf jeden Fall gibt es viele kleine Fliesen/Steine in verschiedenen Muster und Farben (fünf an der Zahl). Davon schnappen wir uns jede Runde ein paar aus der Auslage. Die sortieren wir dann schön auf unserem eigenen Spielertableau an. In verschiedenen Reihen, immer schön die gleichen Steinchen zusammen. Sind alle Steine verteilt, schieben wir die Steine quasi an die "Wand" aus 5x5 Fliesen. Dort sollen sie ein Muster erzeugen. Um so besser wir das machen, um so mehr Punkte bekommen wir. Meistens ist nach fünf Runden Schluss und es folgt noch eine Endpunktwertung. Das hört sich simpel an - ist es auch! Und es macht Spaß, gerade weil es so schnell zu lernen ist. Und dann eben doch nicht ganz so einfach.
Verpackung, Material & Aufbau:
In einer kleinen, handlichen Packung finden sich vor allem die 100 Spielsteine ("Fliesen") und ein Stoffbeutel. Die bringen nicht nur ein schönes Gewicht mit, sondern sehen Klasse aus und fühlen sich richtig gut an. Optik, Haptik passen hier super und machen sicherlich einen großen Teil des Spielreizes aus.
Daneben gibt es für jeden Spieler ein eigenes Tableau mit zwei bedruckten Seiten. Ein kleiner Holzstein dient pro Spieler als Punktemarker. Ein Startspielstein ergänzt das Set aus Spielsteinen. Und es finden sich noch kleine, runde Pappscheiben, auf denen die Fliesen ausliegen (je nach Anzahl der Spieler zwischen fünf und neun). Diese Tafeln nennen sich Manufakturen. Dort kommen die Fliesen im Spiel quasi her.
Der Aufbau geht flott daher. Jeder Spieler nimmt sich ein Tableau und einen Siegpunkte-Stein. In die Tischmitte kommen die Manufakturen. Bei zwei Spielern z.B. sind das fünf Stück. Und auf jede Manufaktur kommen vier zufällig aus dem Beutel gezogene Fliesen. Der Startspielmarker wird noch einem Spieler gegeben und schon kann es losgehen.
So spielt es sich:
Eine Runde teilt sich in zwei Phasen. Erst einmal müssen die Fliesen aus den Manufakturen verteilt werden, in der zweiten Phase werden die Fliesen an die Wand angebracht.
Das Verteilen der Fliesen geht einfach von der Hand: Ist ein Spieler an der Reihe, nimmt er sich alle gleichen Steinchen von einer Manufaktur und schiebt den Rest der Steine in die Tischmitte. Also liegen z.B. zwei blaue und zwei rote Steine auf der Manufaktur, nehme ich mir die zwei Blauen und schiebe die beiden Roten in die Tischmitte. Die Manufaktur ist dann leer. Ich muss mir übrigens immer alle Steine einer Farbe nehmen. Und ich kann - alternativ zum Griff zu einer Manufaktur - auch alle Steine einer Farbe aus der Tischmitte nehmen. Zu Beginn liegt dort allerdings kein Stein, aber die Tischmitte füllt sich langsam.
Der Startspieler übrigens legt direkt zu Beginn den Startspielerstein in die Tischmitte. Der erste Spieler, welcher nicht Steine einer Manufaktur, sondern auch der Tischmitte nimmt, bekommt so auch den Startspielerstein.
Es werden so lange Fliesen genommen - also entweder von einer Manufaktur oder aus der Tischmitte - bis alle Steine verteilt sind. Das führt dazu, dass man nicht immer die gewünschten Steine oder die richtige Anzahl bekommt. Und die Anzahl und Art ist wichtig, denn ich lege die Steine auf mein Tableau. Dort gibt es einen Bereich, in dem ich aufgenommene Fliesen ablege. Fünf Reihen an Ablage gibt es dort, aufsteigend mit einem Platz bis hin zu fünf Plätzen. In jede Reihe dürfen nur gleichartige Fliesen gelegt werden. Da geht es mit dem puzzlen dann so richtig los. Klar, die erste Reihe mit einem Stein habe ich schnell voll. Die Reihen mit vier oder fünf Plätzen allerdings benötigen schon etwas Planung. Und das Ziel muss sein diese Reihen voll zu bekommen, denn sind alle Fliesen weg geht es in die zweite Phase von Azul: Dem verschieben der Steine von den Lagerplätzen an die Wand. Habe ich übrigens zu viele Steine einer Farbe und kann diese nicht ablegen, verwandeln diese sich in Minus-Punkte.
Habe ich eine Reihe voll bekommen (mit Fliesen der gleichen Art) - und NUR dann - darf ich eine dieser Fliesen an die Wand bringen. Ich schiebe also eine der Fliesen in den rechten Bereich des Tableaus. Der Rest der Fliesen kommt weg (und später bei Bedarf wieder in den Beutel). Und hier klingelt nun zum ersten mal der Punktezähler. Fliesen werden direkt gewertet, wenn sie an die Wand angebracht werden. Und um so mehr Fliesen direkt aneinander grenzen, desto mehr Punkte gibt es. Hier lohnt sich zum zweiten mal die gute Planung. Sind die Fliesen an die Wand bewegt, beginnt eine neue Runde. Es kommen wieder auf jede Manufaktur vier Fliesen zufällig aus dem Beutel. Und das Spiel beginnt von vorne. Bis ein Spieler die erste Reihe an der Wand mit fünf Fliesen gefüllt hat. Das ist dann die letzte Runde. Am Ende folgt eine Endwertung: Jede horizontale und vertikale volle Fliesenreihe an der Wand bringt extra-Punkte, schafft man es in jeder der fünf Reihen ein Stein gleicher Farbe unter zu bringen, gibt es sogar richtig fette 10 Punkte am Ende.
Unser Fazit:
Azul macht unglaublich Laune. Zu Zweit, zu Dritt, mit den Kindern und mit Freunden. Ob bei Vielspielern als "Absacker" oder zum aufwärmen, bei Familien und im Freundeskreis, selbst bei Wenig-Spielern kommt Azul sofort an. Es ist toll anzusehen, macht haptisch viel Spaß, jeder tüftelt an seinem Tableau und dennoch achtet man auch ein wenig darauf, was die anderen so machen. Die Downtime ist niedrig, denn bin ich selber gerade nicht an der Reihe, schaue ich auf mein eigenes Board und überlege, was sich mit den verbleibenden Steinchen in der Auslage noch sinnvolles anstellen lässt.
Azul gehört auf jeden Fall in jedes gut sortiertes heimisches Spieleregal. Und auch für Wenig-Spieler kann und sollte Azul einen Versuch wert sein. Die Zugänglichkeit ist fantastisch. Es ist natürlich ein abstraktes Spiel - trotz schöner Herleitung des Names - und somit fehlt dem Spiel selber eine Story. Das sorgt dafür, dass Linus es mit Schach vergleicht ... und Lara die Geschichte fehlt, welche sie so sehr bei Spielen braucht um richtig warm mit ihnen zu werden. Dennoch - bei beiden Kids ist Azul eine gern gesehene Beschäftigung.
Das meint Torsten: "Das macht richtig Laune. Vor allem endlich auch mal wieder ein Spiel, bei dem Alex ständig noch eine Runde spielen will. Und ich kann es überhall mit hin nehmen - alle sind begeistert. Es macht Spaß und bringt Stimmung. Mehr muss ein Spiel doch überhaupt nicht machen! "
Das meint Alex: "Die Optik und Haptik hat mich sofort gefesselt. Das Spiel macht ob seiner einfachen Regeln super schnell viel Spaß. Und dann stellt man im Spiel fest, dass es eben doch nicht so einfach ist. Es gibt verschiedene Strategien sein Lager zu füllen und die Fliesen an die Wand zu bringen. Das Testen dieser Strategien macht viel Spaß!"
Das meint Linus (7): "Die Spielsteine sehen toll aus und fühlen sich toll an. Die Muster zu legen macht Spaß. Wichtig ist, dass man viele Fliesen dicht zusammen an die Wand bringt, denn das sind viele Punkte."
Das meint Lara (12): "Auch ohne Geschichte macht das Spiel Spaß. Es dauert nicht zu lange, die Regeln sind einfach. So kann man mal eine Runde mitspielen und danach wieder austeigen. Das finde ich gut."
Unser Familien-Rating (1-6, Schulnotensystem): 1-2
Altersempfehlung: ab 7+ (gerade kleinere Kinder sollten die einfache Punkte-Regel befolgen und versuchen, "einfach nur" viele Fliesen dicht beisammen an die Wand zu bringen. Das gibt viele Zwischenpunkte und reicht so manchmal sogar für den Sieg!)
Spieler: 1-4
Preis: ca. 32€ (beachtet die Preisentwicklung auf Brettspiel Angebote)
Anleitung: Note 2 *Sehr gut beschrieben und einfach nachvollziehbar
Aufbau: Note 1-2 *Sehr schnell
Material: Note 1 *Natürlich eine 1 für die erstklassigen Steine.
Spielerlebnis: Note 1-2* Schnell, einfach zu lernen, im Spiel selber merkt man dann die Schwierigkeiten. Wer Abwechslung mag, nutzt die Rückseite der Spielertableaus.
Frustgefahr: Note 1-2 * Gering. Es kommt natürlich vor, dass einem die anderen Spieler die benötigten Steine vor der Nase weg schnappen. Aber das gilt natürlich auch anders herum. Und so hat man nie das Gefühl, dass Spiel oder ein bestimmter Spieler sein unfair zu einem selbst.
Wiederspielwert: Note 1 * Sehr hoch. Ja, es macht süchtig! Und es kann einfach immer und überall mal gespielt werden. Vorm Fernsehabend, mal Mittags, vor anderen Spielen oder als Absacker nach einem tollen Spieleabend. Es kommt einfach immer wieder auf den Tisch. Das Geld ist einfach erstklassig angelegt!
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